Anforderungen an Mängelrüge nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B und maßgeblicher Zeitpunkt

Aufsätze Veröffentlichungen

Mit seiner Entscheidung vom 24.01.2012 (Az.: 8 U 172/10) stellt das OLG Karlsruhe klar, dass an den Inhalt einer Mängelbeseitigungsaufforderung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B keine überspitzten Anforderungen zu stellen sind. Daneben kann nur die erste Mängelbeseitigungsaufforderung – aber auch nur diese – den Eintritt der Verjährung verzögern, sofern sie für denselben Mangel erklärt worden ist.

Auftraggeber und Auftragnehmer schlossen einen Generalunternehmervertrag über die Errichtung eines Kinos. Zwischen den Parteien war die VOB/B vereinbart worden. Die Gewährleistungsfrist wurde in Abweichung hierzu auf fünf Jahre festgelegt.

Nachdem am 22.03.2000 die förmliche Abnahme der Werkleistungen erfolgte, rügte die Klägerin gegenüber der Beklagten mit Schreiben vom 22.05.2000 erstmals Mängel an der Fassadenkonstruktion. Die Kläger vertrat die Auffassung, dass die gewählte Art und Weise der Konstruktion nicht den technischen Regeln entsprach und ließ mitteilen, dass sie von ihren Rechten Gebrauch mache, wonach ein Anspruch auf eine den technischen Regeln genügende Ausführung bestehe. Mit weiterem Schreiben vom 14.08.2000 wiederholte die Klägerin diese Erklärung. Mit Schreiben vom 09.03.2005 forderte die Klägerin die Auftragnehmerin konkret zur Beseitigung der Mängel u.a. an der Fassade auf.

Erst mit Schriftsatz vom 02.02.2007 beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. Nach Vorliegen des schriftlichen Gutachtens forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2008 unter Fristsetzung zur Mängelbeseitigung auf. Nach fruchtlosem Fristablauf ließ die Klägerin die Arbeiten an der Fassade durch ein Drittunternehmen ausführen. Die von der Klägerin erhobene Klage auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten wies das OLG Karlsruhe – ebenso wie zuvor das LG Karlsruhe – ab. Nach Auffassung beider Gerichte sind die Ansprüche der Klägerin verjährt. Die fünfjährige Gewährleistungsfrist endete am 22.03.2005. Sie wurde auch nicht durch das Schreiben vom 09.03.2005 verlängert, da dieses Schreiben nicht die erste schriftliche Aufforderung zur Mängelbeseitigung im Sinne des § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B darstellte. Die vorangegangenen Schreiben vom 22.05.2000 und 14.08.2000 genügten inhaltlich den Anforderungen an eine Mängelbeseitigungsaufforderung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B.

Insoweit sei erforderlich, aber auch ausreichend, dass in dem Schreiben die offenbar gewordenen Auswirkungen eines Werkmangels aufgezeigt werden und deutlich mitgeteilt wird, dass Nachbesserung verlangt wird. Die Anforderungen an den Inhalt solcher Nachbesserungsverlangen dürfen jedoch nicht überspannt werden. Es genügt, wenn das Schreiben so abgefasst ist, dass der Auftragnehmer erkennen kann, was ihm vorgeworfen und was von ihm als Abhilfe erwartet wird. Die in den Schreiben zum Ausdruck gekommenen Zweifel der Klägerin an der Eignung der ausgeführten Konstruktion sind im Einzelnen dargelegt. Daneben hat die Klägerin ausdrücklich erklärt, von ihren Rechten Gebrauch machen zu wollen, wonach sie Anspruch auf eine den technischen Regeln genügende Ausführung hat. Auch wenn nicht ausdrücklich Nachbesserung oder Mängelbeseitigung verlangt wird, geht hinreichend deutlich hervor, dass eine Überarbeitung der Fassade verlangt wird. Letztlich genügt dies auch deshalb, da der Auftraggeber dem Auftragnehmer die Art und Weise der Mängelbeseitigung nicht vorschreiben darf. Nachdem die Beklagte somit bereits im Jahre 2000 schriftlich zur Mängelbeseitigung aufgefordert worden ist, konnte die spätere Aufforderung vom 09.03.2005 nicht zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist führen.

Nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B wird für denselben Mangel die Gewährleistungsfrist nur einmal durch das erste schriftliche Mängelbeseitigungsverlangen nach der Abnahme verlängert. Auf weitere schriftliche Mängelbeseitigungsverlangen kommt es daher nicht an.

Nach Auffassung von Rechtsanwältin Jana Henning ist es unabdingbar, konkrete Mängelbeseitigungsaufforderungen rechtzeitig vor Ablauf der Gewährleistungsfrist zu stellen. Inhaltlich ist jedoch zwingend darauf zu achten, dass die Mindestanforderungen erfüllt sind, um den Verjährungseintritt zu verhindern.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.01.2012, Az.: 8 U 172/10

RAin Jana Henning