Stufenweise Beauftragung: Welche HOAI ist anwendbar?

Aufsätze Veröffentlichungen

Das OLG Hamm hatte in einem Berufungsverfahren die Frage zu klären, welche Fassung der HOAI anwendbar ist, wenn der Vertrag eine stufenweise Beauftragung des Architekten/Ingenieurs vorsieht.

Im Vertrag aus dem Mai 2009 wurde Folgendes vereinbart:

„Zur Vertragserfüllung sind unter anderem folgende Leistungen in zwei Phasen durch den Auftragnehmer zu erbringen.

Der Auftraggeber beabsichtigt, dem Auftragnehmer bei Fortsetzung der Planung und Ausführung der Baumaßnahme weitere Leistungen – einzeln oder im Ganzen – zu übertragen, wenn die bisherigen Leistungen zur Zufriedenheit des Auftraggebers erbracht worden sind und eigenes Personal nicht zur Verfügung steht. Die Übertragung erfolgt schriftlich.

Der Auftragnehmer ist verpflichtet die weiteren Leistungen zu erbringen, wenn sie ihm vom Auftraggeber innerhalb von 24 Monaten nach Fertigstellung der Leistungen nach Ziffer … übertragen werden. Der Auftraggeber behält sich vor, die Übertragung auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken. Ein Rechtsanspruch auf die Übertragung der Leistungen nach Ziffer …. besteht nicht. Aus der stufenweisen Beauftragung kann der Auftragnehmer keine Erhöhung seines Honorars ableiten….“

Der Kläger erbrachte zunächst die Leistungen der fest beauftragten Phase 1 und wurde von der Beklagten zur Erbringung der Leistungsphasen 5 – 8 (Phase 2) erst nach dem 17.08.2009 aufgefordert. Der Kläger hat für die sodann erbrachten Leistungen der zunächst nur optionierten Phasen 2 eine Honorarermittlung auf Grundlage der HOAI 2009 (gültig ab dem 17.08.2009) erstellt und macht hieraus Planungshonorar geltend. Der Kläger vertritt den Standpunkt, die zugrunde liegende Honorarermittlung sei zutreffend nach der HOAI 2009 und den anrechenbaren Kosten nach dem Kostenanschlag erfolgt. Er habe ein Vertragsangebot für die Leistungen der Phase 2 bereits im Mai 2009 abgegeben, dass von der Beklagten erst nach dem 17.08.2009, also nach Inkrafttreten der HOAI 2009 angenommen worden sei. Der Architektenvertrag betreffend Phase 2 sei deshalb erst mit der Beauftragung des Klägers zur Erbringung der Leistungsphasen 5-8 und somit unter Geltung der HOAI 2009 zustande gekommen.

Die Beklagte meint, auch die Leistungsphasen 5 – 8, also die Leistungen der Phase 2, seien nach der früheren Fassung der HOAI abzurechnen, da die vertragliche Vereinbarung zur Erbringung dieser Leistungen schon im Mai 2009 erfolgt sei.

Das erstinstanzielle Gericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben, weil die Parteien die Leistungen der Phase 2 erst nach dem 17.08.2009 im Sinne des § 55 HOAI 2009 vertraglich vereinbart hätten. Es liege eine stufenweise Beauftragung vor mit der Folge, dass ein wirksamer Architektenvertrag nur hinsichtlich der jeweils beauftragten Stufe zustande komme. Die Beauftragung der Leistungsphasen 5 – 8 (Phase 2) sei nur eine Option gewesen, die von einem ungewissen Ereignis (hier: die Genehmigung des Bauvorhabens durch die zuständige Stelle) abhängig gewesen sei, was auch gegen einen Rechtsbindungswillen der Parteien hinsichtlich der Phase 2 zum Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses mit Optionsrecht spreche. Zudem habe sich die Beklagte vorbehalten, dem Kläger die Leistungen der Phase 2 einzeln oder im Ganzen zu übertragen und gegebenenfalls auf einzelne Abschnitte der Baumaßnahme zu beschränken. Der Leistungsgegenstand der späteren Phase 2 habe deshalb auch nicht festgestanden. Dem Kläger hat nach dem Vertragsinhalt auch kein Rechtsanspruch auf die Übertragung der Leistungsphasen 5 – 8 (Phase 2) zugestanden, weshalb eine endgültige Beauftragung erst durch Leistungsabruf nach Inkrafttreten der HOAI 2009 zustande gekommen sei. Das von dem Kläger im Mai 2009 abgegebene Vertragsangebot habe die Beklagte erst mit der Beauftragung der Leistungsphasen 5 – 8 nach Inkrafttreten der HOAI 2009 angenommen.

Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und das erstinstanzielle Urteil bestätigt. Der Stufen- oder Rahmenvertrag begründe selbst noch keine vertragliche Vereinbarung der später beauftragten Leistungen, sondern lege nur bestimmte Einzelheiten künftig abzuschließender Verträge fest (BGH, BauR 1992, 531). Der Architektenvertrag über die weiteren Leistungen komme dann erst mit der Beauftragung durch den Auftraggeber zustande, der so das in dem Hauptvertrag enthaltene Angebot des Auftragnehmers annehme. Demnach sei im vorliegenden Fall nach § 55 HOAI 2009 der Honorarermittlung des Klägers die HOAI 2009 zugrunde zu legen. Auch die in dem Vertrag enthaltene Regelung, dass der Auftragnehmer aus der stufenweisen Beauftragung keine Erhöhung seines Honorars ableiten könne, stehe der Anwendbarkeit der HOAI 2009 auf die von dem Kläger nach dem 17.08.2009 erbrachten Leistungen der Leistungsphasen 5 – 8 nicht entgegen.

OLG Koblenz, Urteil vom 06.12.2013, Az.: 10 U 344/13 (nicht rechtskräftig)