Architektenrecht: Anerkannte Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme maßgebend

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Das OLG Koblenz hatte über eine erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Koblenz im Rahmen der Berufung einer Architektengruppe zu entscheiden. Der klagende Auftraggeber ließ ein altes Pflegeheim sanieren und nahm die mit der Vollarchitektur beauftragten Architekten wegen Planungs- und Überwachungsfehlern erfolgreich auf Schadenersatz in Anspruch. Das OLG Koblenz hat das klagestattgebende Urteil teilweise aufrechterhalten und hält die Architektengruppe wegen Fehlern bei der Bauüberwachung für haftbar. Zu den beanstandeten Mängeln gehörten ein fehlender Holzschutz in den Dachrandbereichen und ein unzureichendes Gefälle in der Dachmitte. Das OLG Koblenz führt aus, der mit der Vollarchitektur beauftragte Architekt habe für eine mangelfreie Erstellung des Bauwerks zu sorgen. Die Planung eines Architekten sei mangelhaft, wenn sie nicht die vertragliche oder vereinbarte bzw. stillschweigend vorausgesetzte Beschaffenheit aufweist. Als grundsätzlich einzuhaltender Mindeststandard gelten dabei die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik; hierbei sei es maßgebend, ob die Bauausführung zum Zeitpunkt der Abnahme (Bauerrichtung) den anerkannten Regeln der Technik entspreche. Bei wichtigen und kritischen Baumaßnahmen, die erfahrungsgemäß ein besonders hohes Mängelrisiko aufweisen, ist der Architekt zu erhöhter Aufmerksamkeit und zu einer intensiveren Wahrnehmung der Bauaufsicht verpflichtet. Dies betreffe auch sämtliche Bereiche der Bauphysik, namentlich die Anforderungen an die Isolierung und Wärmedämmung.

OLG Koblenz, Urteil vom 19.05.2016, Az.: 1 U 204/14 (nicht rechtskräftig, Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH eingelegt, Az.: VII ZR 140/16)

RA Michael Ch. Bschorr
Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, Berlin
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