Architektenrecht: Bauausführendes Unternehmen muss Tragwerksplanung nur auf offensichtliche Mängel untersuchen

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Das OLG Köln hat in einem Berufungsverfahren Schadensersatzansprüche eines Bauherrn zu prüfen, die auch durch Fehler in der Statik verursacht wurden. Mit Bauvertrag verpflichtete sich der Auftragnehmer, ein Einfamilienhaus zu errichten. Durch gesonderten Vertrag hat der Bauherr die Erstellung der Statik bei einem Dritten in Auftrag gegeben. Dem Bauherrn und Kläger kam es nach den Feststellungen des OLG Köln darauf an, dass die Statik von einer Person erstellt wurde, die die Gewährleistung nicht nur in rechtlicher, sondern auch in wirtschaftlicher Hinsicht übernehmen konnte. Dies war der mit der Statik beauftragte Streithelfer und nicht die mit der Durchführung der Bauleistungen beauftragte Beklagte, die zum Zeitpunkt der Auftragserteilung auch nicht berechtigt war, die Statik bei der zuständigen Behörde einzureichen. Die Parteien stritten u.a. darum, wer der Auftragnehmer für die Leistungen der Tragwerksplanung war. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stand für das OLG Köln fest, dass nicht das bauausführende Unternehmen, sondern eben der Streithelfer mit der Erstellung der Statik beauftragt worden ist. Das Landgericht Köln hat die Beklagte zu 1. in Bezug auf den durch die fehlerhafte Statik verursachten Schaden verurteilt und insoweit auch die Verpflichtung zum Ersatz aller darüber hinausgehenden Schäden festgestellt. Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zum Ersatz der durch den Mangel der Statik verursachten Schäden. Das OLG Köln hat das Urteil des Landgerichts Köln vom 04.07.2014 (37 O 114/11) daraufhin teilweise abgeändert. Das OLG Köln führt aus, das ausführende Unternehmen hafte nicht für die durch den Mangel der Statik hervorgerufenen Schäden und folgt dem erstinstanzlichen Gericht mit der Begründung, bezüglich der fehlerhaften Statik sei nicht dargelegt worden, dass die Beklagte eine Prüfungspflicht verletzt habe. Eine solche Pflicht bestehe nur in engen Grenzen. Grundsätzlich kann sich der Bauunternehmer auf die Erkenntnisse eines Sonderfachmannes verlassen. Er hat sie nur auf offenkundige, im Rahmen seiner eigenen Sachkunde ohne Weiteres „ins Auge springende“ Mängel zu überprüfen. Der Senat beruft sich insoweit auf seine bereits früher ergangene Rechtsprechung (z.B. BauR 2007, 887 = OLGR 2007, 74; Urteil vom 16.05.2012 – 11 U 154/11, BeckRS 2014, 1698). Nach Auffassung des OLG Köln gilt dies insbesondere in Bezug auf eine dem bauausführenden Unternehmen vorgegebene, von einem Statiker als Sonderfachmann erstellte statische Berechnung. Anders läge es nur dann, wenn der Bauunternehmer selbst mit deren Vornahme oder Überprüfung beauftragt worden ist (OLG BauR 1994, 632 = NJW-RR 1994, 1111). Alleine der Umstand, dass ein bauausführendes Unternehmen zur Durchführung von statischen Berechnungen in der Lage ist, ändert daran nichts. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Das OLG Köln setzt mit dieser Entscheidung die sachgerechte Beurteilung solcher Fälle in der obergerichtlichen Rechtsprechung fort. Bauunternehmer müssen in solchen Fallkonstellationen nicht die Rolle des Sonderfachmannes einnehmen. Dies jedenfalls dann, wenn der Bauunternehmer die Erstellung der Tragwerksplanung nicht vertraglich übernommen hat. Darauf gilt es in der Praxis der Vertragsgestaltung zu achten.

OLG Köln, Urteil vom 20.05.2015, Az.: 11 U 116/14

RA und Notar Michael Ch. Bschorr

Wollmann & Partner Rechtsanwälte, Berlin

bschorr@wollmann.de