Gesellschaftsrecht: Erlöschen der Notarsvollmacht im Falle der Insolvenz eines Gesellschafters einer GbR

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Die vom Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in seiner Funktion als Vertretungsorgan erteilte Notarvollmacht zur Vertretung der Gesellschaft erlischt mit Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen des Gesellschafters. Eine aus zwei Gesellschaften bestehende GbR verkaufte unter Mitwirkung ihrer durch die jeweiligen Geschäftsführer handelnden beiden Gesellschafterinnen Wohnungs- und Teileigentum an einen Käufer. Die Einigung enthielt keine Bewilligung und keinen Eintragungsantrag; die Beteiligten verzichteten auf ein eigenes Bewilligungs- und Antragsrecht. Die Beteiligten bevollmächtigten vielmehr den Notar, in einer Eigenurkunde die Bewilligung für die Beteiligten und den Antrag im Namen des Käufers zum Vollzug der Rechtsänderung gegenüber dem Grundbuchamt abzugeben. Nach Eintragung der bewilligten Vormerkung zur Sicherung des Eigentumsübertragungsanspruchs wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen einer Gesellschafterin eröffnet. Anschließend beantragte der Urkundsnotar unter Vorlage der Eigenurkunde namens des Erwerbers die Eintragung der Auflassung. Das Grundbuchamt beanstandete, dass mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die von der Insolvenzschuldnerin erteilte vorgenannte Notarvollmacht nach § 117 Abs. 1 InsO erloschen und deshalb die Zustimmung des Insolvenzverwalters notwendig sei, um den Mangel der ungültigen Vollmacht zu heilen. Die vom Urkundsnotar daraufhin eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Bei Erklärung der Bewilligung durch den Notar sei die GbR nicht wirksam vertreten worden. Eine GbR wird nach Maßgabe des § 714 BGB i. V. m. § 709 BGB vertreten, im Zweifel durch alle Gesellschafter gemeinschaftlich, § 709 Abs.1, § 714 BGB. Wollen diese sich bei ihrem Handeln für die Gesellschaft vertreten lassen, können sie einen Dritten entsprechend bevollmächtigen. Die Gesellschaft selbst kann keine Vollmacht erteilen. Die Vollmacht zur Erklärung der Bewilligung ist jedoch mit der Eröffnung der Insolvenz über das Vermögen einer Vollmachtgeberin (Gesellschafterin) erloschen. Die Vertretungsmacht bestand im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts nicht mehr. Aus Sicht des OLG München erlischt nach § 117 Abs. 1 InsO die hier streitgegenständliche vom Insolvenzschuldner zuvor erteilte Vollmacht mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen insoweit, als sie sich auf das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen „bezieht“. § 117 Abs. 1 InsO folgt als Kehrseite aus dem nach § 80 Abs. 1 InsO bestehenden Erfordernis der Mitwirkung des Insolvenzverwalters bei der Vertretung der GbR. Die Insolvenzbefangenheit des Gesellschaftsanteils wirkt sich auf die Vertretung der Gesellschaft im Auflösungsverfahren aus, weil im Rahmen der Gesamtgeschäftsführung (§ 730 Abs. 2 S. 2 Halbs. 2 BGB) die Mitwirkung des Insolvenzverwalters gemäß § 80 Abs. 1 InsO notwendig ist. Aus dem Zusammenspiel der gesetzlichen Bestimmungen ergibt sich, dass der von § 117 Abs. 1 InsO vorausgesetzte „Bezug“ der von der Insolvenzschuldnerin erteilten Vollmacht zur Insolvenzmasse ausreicht mit der Konsequenz, dass die erteilte Vollmacht zur Vertretung bei ihrem Handeln für die Gesellschaft kraft Gesetzes mit der Verfahrenseröffnung erloschen ist. Steht dem Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO das Recht zu, mit Blick auf die Insolvenzbefangenheit des Gesellschaftsanteils anstelle der Insolvenzschuldnerin an der Auseinandersetzung mitzuwirken, und tritt dabei an die Stelle der insolventen Gesellschafterin deren Insolvenzverwalter, der die Funktionen der Insolvenzschuldnerin als Geschäftsführungsorgan der GbR wahrnimmt, so erlischt nach § 117 Abs. 1 InsO auch die von der Insolvenzschuldnerin als Anteilsinhaberin und daher Teil des Vertretungsorgans erteilten Vollmachten. Die Vollmacht ist nach Ansicht des OLG München auch nicht durch eine nachträgliche Freigabe des Gesellschaftsanteils aus der Insolvenzmasse durch den Insolvenzverwalter wieder aufgelebt. Die Bewilligung genügt zum Vollzug der Löschung, bedeutet jedoch nicht, dass die Verfügungszuständigkeit des Insolvenzverwalters nicht mehr gegeben ist, denn die Löschung des Vermerks enthält keine positive Aussage über die Wiedererlangung der Verfügungsbefugnis. Erforderlich ist vielmehr der in der Form des § 29 GBO zu erbringende Nachweis (Genehmigung nach § 185 BGB) darüber, dass der eingetragene Rechtsinhaber seine Verfügungsbefugnis wieder erlangt hat. Einer Genehmigung des Kaufvertrages bedarf es für den Vollzug der Auflassung allerdings nicht.

OLG München, Beschluss vom 22. Mai 2017, Az.: 34 Wx 87/17

Rechtsanwalt Benjamin Bernhard
Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, Berlin
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