Grenzen des Kündigungsrechts bei Zahlungsverzug

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Mit seinem Urteil vom 10. Oktober 2012 (Az.: VIII ZR 107/12) hat der BGH die Grenzen für eine ordentliche Kündigung bei Zahlungsverzug zu Gunsten des Vermieters klar definiert. In dem vom BGH entschiedenen Räumungsrechtsstreit hatten die Vermieter dem Mieter zweimal wegen Zahlungsverzuges gekündigt. Im Falle der ersten Kündigung hatte der Mieter die Erhöhung der Heizkostenvorschüsse nicht berücksichtigt und seine Zahlung pflichtwidrig nicht entsprechend angepasst. In einem Zeitraum von gut 1 ½ Jahren lief so ein Mietrückstand von ca. drei Monatsmieten auf. Der Vermieter kündigte dem Mieter sodann fristgemäß. Eine weitere fristgemäße Kündigung sprach der Vermieter aus, nachdem der Mieter sodann mit der Zahlung einer Monatsmiete neun Tage in Verzug war.

In seinem Urteil stellte der BGH klar, dass die zweite Kündigung nicht wirksam sei. Der Zahlungsrückstand sei als Kündigungsgrund (Zahlungsverzug mit einer Monatsmiete von neun Tagen) nicht ausreichend für eine ordentliche Kündigung. Der BGH stellte dann klar, dass eine ordentliche Kündigung auch unterhalb der Grenze des § 543 Abs. 3 Nr. 2 BGB wegen Zahlungsverzuges möglich ist, da es sich bei der fristlosen Kündigung um eine Ausnahmeregelung handelt. Allerdings muss sich die Bewertung dieser Pflichtverletzung als nicht unerheblich darstellen. Hierbei sind Dauer und Höhe des Zahlungsverzuges zu berücksichtigen. Nach Ansicht des BGH ist nicht jeder geringfügige oder nur kurzfristige Zahlungsverzug hierzu geeignet, weshalb ein Räumungsanspruch auf Grund der zweiten Kündigung vom BGH nicht erkannt wurde.

Anders sieht der BGH dies im Falle der ersten Kündigung hinsichtlich der Nichtzahlung der erhöhten Heizkostenvorschüsse. In einem derartigen Fall sei eine ordentliche Kündigung auch dann gerechtfertigt, wenn den Mieter hinsichtlich dieses Zahlungsverzuges kein Verschulden treffen würde. Im vorliegenden Fall verneinte das Gericht das Vorliegen eines unvermeidbaren Rechtsirrtums. Der ordentlichen Kündigung stand auch die Sperrwirkung des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB nicht entgegen, zumal – wie der BGH herausstellte – dieser im Falle der ordentlichen Kündigung keine Anwendung findet.

In seinem vorstehenden Urteil stellte der BGH im Leitsatz deshalb klar, dass eine ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzuges auch unterhalb der für die fristlose Kündigung geltenden Grenze des § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB möglich ist. Eine nicht unerhebliche Pflichtverletzung des Mieters liegt jedoch nicht vor, wenn der Mietrückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt. In allen anderen Fällen ist die ordentliche Kündigung entsprechend wirksam.

BGH, Urteil vom 10.10.2012, Az.: VIII ZR 107/12

RA Cornelius Wollmann