Immobilienrecht: Gewährleistungsausschluss für Sachmängel erfasst grundsätzlich auch Verkäuferangaben vor Vertragsabschluss

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In zwei jüngeren Entscheidungen hatte sich der Bundesgerichtshof mit der Bedeutung vorvertraglicher Verkäuferangaben zur Beschreibung der verkauften Immobilien zu befassen. In dem einen Fall ging es um die Angabe der Wohnfläche einer Wohnung in einem Exposé, in dem anderen Fall um die Altersangabe eines Gebäudes in der Werbung in einem Internetportal. In den notariellen Kaufverträgen waren diese Angaben nicht als Beschaffenheit des jeweiligen Kaufgegenstandes ausdrücklich aufgeführt und – wie bei dem Verkauf gebrauchter Immobilien üblich – die Haftung des Verkäufers für Mängel des Kaufgegenstandes ausgeschlossen.

Nach § 434 Abs. 1 S. 3 BGB kann sich die Mangelhaftigkeit einer Kaufsache auch daraus ergeben, dass sie nicht die Eigenschaften aufweist, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers erwarten kann. Wie der Bundesgerichtshof nunmehr betont hat, gilt dies nicht ohne weiteres bei Immobilienkaufverträgen, die zu der Wirksamkeit der notariellen Beurkundung bedürfen (§ 311 b Abs. 1 BGB). Da sich das Beurkundungserfordernis auf sämtliche Vereinbarungen der Parteien erstreckt, könne nicht davon ausgegangen werden, dass die vorvertraglich gemachten Beschaffenheitsangaben zum Inhalt des notariellen Kaufvertrages gemacht werden sollten.

Hieran anknüpfend hatte der Bundesgerichtshof zu prüfen, ob die Verkäufer verpflichtet waren, die durch die unrichtige Angabe über das Kaufobjekt geweckte Fehlvorstellung des Käufers durch ausdrückliche Erklärung richtig zu stellen und ob das Verschweigen den Tatbestand einer arglistigen Täuschung begründet, für die der vertragliche Haftungsausschluss gemäß § 444 BGB nicht eingreift. Da Arglist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vorsatz voraussetzt, liegt ein arglistiges Verschweigen nur dann vor, wenn der Verkäufer beim Vertragsabschluss weiß oder es zumindest für möglich hält, dass die vorvertragliche Beschaffenheitsangabe unzutreffend ist und er darüber hinaus wusste oder für möglich gehalten hat, dass der Käufer bei entsprechender Aufklärung den Kaufvertrag nicht oder nicht zu den vereinbarten Bedingungen abgeschlossen hätte.

Im Ergebnis kann der Käufer in derartigen Fällen Gewährleistungsansprüche also nur dann geltend machen, wenn der Verkäufer wusste, dass die vorvertraglich gemachten Angaben unzutreffend sind oder der Verkäufer diese „ins Blaue hinein“ gemacht hat.

BGH, Urteil vom 06.11.2015, Az.: V ZR 78/14 und BGH, Urteil vom 22.04.2016, Az.: V ZR 23/15

RA Frank Leithold
Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, Berlin
leithold@wollmann.de