Mietrecht: Wann ist ein mietrechtlicher Rückbauanspruch während einer Gebäudesanierung im einstweiligen Verfügungsverfahren nicht durchsetzbar?

Newsletter Veröffentlichungen

Die Mieter sind Verfügungskläger. Sie begehren von den Vermietern im Wege der einstweiligen Verfügung den Rückbau eines auf dem Dach verlegten Abluftrohres. Dieses ist nach ihrer Ansicht so montiert, dass zu einer Verschattung ihres Balkons führt.

Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg hat den Anspruch zurückgewiesen. Zwar ist dieser auf eine Vorwegnahme der Hauptsache gerichtete Verfügungsantrag regelmäßig dann zulässig, wenn eine Besitzentziehung oder Besitzstörung durch verbotene Eigenmacht vorliegt, was im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben ist. Nach Auffassung des Amtsgericht kann es dahinstehen, ob den Verfügungskläger durch die Anbringung des Abluftrohres die Sichtfreiheit für einen Teil ihres Balkons genommen ist und es zu einem Schattenwurf auf der Terrasse kommen kann, da die ausschließliche Nutzungsmöglichkeit des Balkons nicht beeinträchtigt wurde und auch keine Einschränkung der Aufenthaltsqualität gegeben ist.

Zudem kann der Verfügungsanspruch auch nicht auf § 862 BGB gestützt werden. Ein Anspruch nach § 862 BGB erfordert die Störung des Besitzes durch verbotene Eigenmacht. Dafür muss die tatsächliche Sachherrschaft in ihrem Bestand beeinträchtigt werden. Vorstehendes geschieht bei Wohnräumen beispielsweise, wenn der physische Zugang zu den Räumlichkeiten erschwert oder vereitelt wird.

Unter Berücksichtigung des Rechtsgedanken des § 906 BGB rechtfertigen nur erhebliche Beeinträchtigungen der Besitzausübung Beseitigungs – und Unterlassungsansprüche nach den §§ 858 ff. BGB. Unerhebliche Beeinträchtigungen des Mietgebrauchs sind hin zu nehmen.

Das vorstehende Urteil ist für die Sanierung von Miethäusern von erheblicher Bedeutung. Das Amtsgericht Tempelhof Kreuzberg hat klargestellt, dass Mieter Sanierungsarbeiten der Vermieter nur dann durch eine einstweilige Verfügung unterbrechen und konterkarieren können, wenn der mit den Bauarbeiten einhergehende Eingriff in die Mietsache so erheblich ist, dass er einer Besitzentziehung gleich kommt. Solange die Maßnahmen diese Schwelle nicht überschreiten, kann sich der Mieter nur im Rahmen des ordentlichen Rechtsweges gegen Sanierungsarbeiten zur Wehr setzen.

AG Tempelhof-Kreuzberg, Urteil vom 03.02.2016,

Az.: 24 C 1005/15

RA Cornelius Ernst Wollmann
Fachanwalt im Bau- und Architektenrecht
Wollmann & Partner Rechtsanwälte, Berlin
wollmann@wollmann.de