Objektüberwachung: Auch einfache Arbeiten sind zu überwachen!

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Das OLG Düsseldorf hat mit seinem erst kürzlich veröffentlichten Urteil vom 21.12.2012 (23 U 18/12) entschieden, dass auch einfache Tätigkeiten, die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung nicht wichtig sind, zumindest stichprobenartig zu überwachen sind. Die Bauüberwachung ist nicht vertragsgerecht, wenn sie sich darauf beschränkt, die von Lieferanten und Auftragnehmern übermittelten Leistungsnachweise und Lieferscheine kursorisch zu prüfen. Sein besonderes Augenmerk muss der Architekt/Ingenieur im Rahmen der Objektüberwachung natürlich auf schwierige und gefahrenträchtige Arbeiten, klassische Gefahrenquellen und problematische Bauabschnitte richten. Hierzu gehören insbesondere Beton- und Bewehrungsarbeiten, Ausschachtungen und Unterfangungen sowie vergleichbare Leistungen. Ergeben sich für den Architekten/Ingenieur Anhaltspunkte für Mängel des ausführenden Unternehmens, so ist die Objektüberwachung erhöhten Anforderungen ausgesetzt.

Das Gleiche gilt, wenn der Architekt/Ingenieur erkennt, dass der Auftragnehmer unzuverlässig oder unerfahren ist. In dem Berufungsverfahren haben die Kläger von ihrem Architekten Ersatz des Schadens verlangt, der ihnen dadurch entstanden sei, dass er seine Verpflichtungen, die Tätigkeit des Rohbauunternehmers zu überwachen, nicht erfüllt habe. So sei eine Minderhöhe des Kellers eingetreten, der Fußboden im Erdgeschoss uneben, der Einbau der Wärmedämmung unterlassen und die Außentreppe nicht in der Flucht errichtet worden. Spätestens bei der Erstellung der erheblich mangelhaften Kellerbodenplatte, die zur Minderhöhe des Kellers geführt hat, bestanden nach Auffassung des OLG erhöhte Anforderungen an Art, Umfang und Intensität der Bauüberwachungstätigkeit. Für den Architekten sei die Unzuverlässigkeit des Rohbauunternehmers ohne Weiteres erkennbar gewesen. Die Mangelhaftigkeit der Leistungen im Zusammenhang mit der Kellerbodenplatte war nach Auffassung des Berufungsgerichts ein besonderer Anlass („Signal“), die Arbeiten des Rohbauunternehmens sorgsam zu überwachen. Dies gilt auch, wenn die Arbeiten durch den Bauherren selbst vergeben werden. Da es sich hier ausnahmslos um schwerwiegende Bauausführungsfehler handelt, die der Architekt bei pflichtgemäßer Bauüberwachung typischerweise hätte entdecken müssen, sind auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises anwendbar. Nach der Entscheidung des Berufungsgerichts sind auch einfache, gängige Tätigkeiten, die für die Funktionalität der Gesamtwerkleistung nicht wichtig sind, zumindest in Stichproben – auch hinsichtlich der Auswahl des dabei tatsächlich eingesetzten Materials bzw. dessen Übereinstimmung mit den Vorgaben des Leistungsverzeichnisses – während und am Ende der Ausführung des jeweiligen Gewerkes zu prüfen. Erst recht gilt dies nach einer Verschärfung der Anforderungen an die Objektüberwachung bei für den Planer erkennbarer Unzuverlässigkeit oder technischer Unerfahrenheit des ausführenden Unternehmens.

OLG Düsseldorf, Urteil v. 21.12.2012, Az.: 23 U 18/12

RA und Notar Michael Ch. Bschorr