Privates Baurecht: Mängelrechte erst nach Abnahme! Klarstellung der Rechtsprechung durch den BGH.

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In drei Grundsatzentscheidungen hat der BGH festgehalten, dass Mängelrechte bei einem BGB-Werkvertrag erst nach der Abnahme entstehen. Bisher bestand in der Literatur und der Rechtsprechung Uneinigkeit, ob Mängelrechte bereits vor der Abnahme bestehen. Grundsätzlich wird der Besteller einer Werkleistung in Zukunft ohne Abnahme keine Gewährleistungsansprüche geltend machen können. Der BGH hat darüber hinaus in einer der Entscheidungen (VII ZR 235/15) verdeutlicht, dass neben dem Minderungsverlangen gleichwohl Schadensersatz verlangt werden kann. Allerdings lässt der BGH Ausnahmen zu, wann Mängelrechte ohne Abnahme bestehen können. Der Auftraggeber darf Mängelrechte ohne Abnahme geltend machen, wenn der Unternehmer die Leistung als abnahmereif und fertiggestellt angeboten hat und der Besteller die weitere Erfüllung verweigert. Diese Ausnahme zieht erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich. Der BGH erläutert nicht, ob es darauf ankommt, ob der Unternehmer die Gründe zu vertreten haben muss, die die Erfüllungsverweigerung des Bestellers berechtigt erscheinen lassen. Zum anderen wird dem Auftragnehmer durch das Verhalten des Bestellers die Möglichkeit genommen, durch eigene Nachbesserungsversuche ein vertragsgemäßes Werk herzustellen. Durch das Verhalten des Bestellers könnte eine Situation entstehen, in der der Besteller die weitere Zusammenarbeit mit dem Unternehmer verweigert, ihm also keine Chance mehr zu weiteren Arbeiten oder Verbesserungen gewährt. Gleichzeitig wäre der Besteller aber berechtigt, von dem Unternehmer einen Vorschuss dafür zu verlangen, dass ein Dritter die Arbeiten des Unternehmers zu Ende bringt. Die Folgen der Rechtsprechung lassen sich noch nicht vollständig absehen, einige Probleme sind jedoch schon jetzt erkennbar. Diese Entscheidung bringt Unsicherheit bzgl. des Verjährungsbeginns mit sich. Da nicht immer eine Abnahmeerklärung vorliegen wird, wird man in jedem Einzelfall genauestens prüfen müssen, wann die Fristen zu laufen beginnen. Außerdem wird es in Zukunft sorgfältig abzuwägen sein, ob man die Abnahme unter Vorbehalt der Mängel erklärt, nur um Mängelrechte zu erhalten. Daneben gibt es im Bereich der Wohnungseigentümergemeinschaften Probleme. Da die WEG neben Erfüllungsansprüchen auch Gewährleistungsansprüche an sich ziehen kann, müssten diese auch wirksam entstanden sein, was nur nach Abnahme möglich ist. Sollte die Abnahme für das Gemeinschafts- und Sondereigentum nicht vollständig erklärt worden sein, kann es zu undurchsichtigen Situationen kommen, da teilweise Mängelrechte bestehen könnten, teilweise aber wegen fehlender Abnahme noch nicht. Zuletzt wird mit Kostensteigerungen zu rechnen sein, da eine Fremdnachbesserung immer teurer ist. Die Unternehmer könnten diese Gefahr durch Preisanpassungen auf die Besteller abwälzen. Diese Urteile lassen einige Fragen unbeantwortet und führen daher nicht zu mehr Rechtssicherheit. Allgemeine Schlussfolgerungen sind dennoch nicht möglich, sodass jeder Einzelfall konkret geprüft werden muss. Hierfür oder für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

BGH, Urteile vom 19. Januar 2017, Az.: VII ZR 193/15, VII 301/13, VII ZR 235/15

Rechtsanwalt Daniel Mooser

Wollmann & Partner Rechtsanwälte mbB, München
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