Architekt muss (fortlaufend) über Baukosten beraten

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Im Rahmen einer Revisionsentscheidung war über einen Schadenersatzanspruch zu befinden, den der AG gegen den Architekten erhob mit der Begründung, dass der Kläger (Architekt) gegen seine Verpflichtung, das Bauvorhaben der Beklagten auch wirtschaftlich zu betreuen und sie wegen der Kostenentwicklung fortlaufend und umfassend zu informieren, schuldhaft verstoßen hat.

Der Architekt (Kläger) schätzte die Baukosten Anfang 2003 auf 775.000,00 €, im Sommer 2003 auf 667.000,00 €. Der Architekt war mit der Vollarchitektur beauftragt. Der Kläger reichte im Sommer 2003 den ersten Bauantrag ein. Im Frühjahr 2004 wurde festgestellt, dass der Dachstuhl mit Holzschutzmitteln kontaminiert war. Zur gleichen Zeit beantragte der Kläger für die Beklagten ein Finanzierungsdarlehen über 1.230.000,00 €, welches im Sommer 2004 bewilligt wurde. Die beklagten Bauherren entschlossen sich ebenfalls im Frühjahr 2004, einen neuen Dachstuhl nebst Fahrstuhl errichten zu lassen. Der Kläger reichte deshalb einen zweiten Bauantrag ein. Die Herstellungskosten gab er zu niedrig an, nämlich mit 771.400,00 € brutto. Die Baugenehmigung wurde im Juni 2005 erteilt. Die Finanzierungsmittel der Beklagten waren schließlich erschöpft. Im September 2005 kam es zum Baustillstand, Anfang 2009 verkauften die Beklagten das Grundstück mit dem unfertigen Bauwerk und der Kläger (Architekt) kündigte den Architektenvertrag fristlos. Mit Schlussrechnung verlangt er weiteren Werklohn, der den Gegenstand der Klage bildet. Die beklagten Bauherren verlangen mit Widerklage Rückzahlung des bereits entrichteten Honorars. In der Berufung bekamen die Beklagten Recht. Der Kläger verfolgt sein Zahlungsverlangen aus der Schlussrechnung mit Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundesgerichtshof weiter. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Kläger bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung unterlassen habe, konkret zu ermitteln, ob den Beklagten überhaupt finanzielle Mittel für das Bauprojekt zur Verfügung gestanden hätten. Ferner sei die Kostenschätzung, die dem zweiten Bauantrag zugrunde gelegen habe, deutlich zu niedrig gewesen. Eine weitere Pflichtverletzung sah das Berufungsgericht darin, dass die Beklagten im weiteren Verlauf der Planung keine aktuellen Informationen mehr erhalten hätten. Den Beklagten sei dadurch ein Schaden entstanden, weil sie in Unkenntnis der zu erwartenden Gesamtbaukosten den Dachausbau nebst Fahrstuhleinbau zugestimmt hätten. Das Revisionsgericht bestätigt ein weiteres Mal, dass dem Bauherrn grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch gegen den Architekten wegen Verletzung seiner Vertragspflichten zustehen kann, wenn er den Auftraggeber unzutreffend über die voraussichtlichen Baukosten berät (BGH, Urteile vom 11.11.2004 – VII ZR 128/03, BauR 2005, 400 und vom 24.06.1999 – VII ZR 196/98, BauR 1999, 1319). Das Berufungsgericht hat nach Auffassung des Bundesgerichtshofes aber bei seiner Beurteilung erhebliches Vorbringen des Klägers im wesentlichen Kern nicht berücksichtigt und damit gegen das Verfahrensrecht des Artikel 103 Abs. 1 GG auf Gewährung rechtlichen Gehörs verstoßen. Der Kläger hat sich nämlich schon in der I. Instanz und in der Berufungsinstanz damit verteidigt, dass die Kostenschätzung im Sommer 2003 die Zusammenlegung und den maisonettartigen Umbau von Wohnungen noch nicht enthalten habe. Entsprechende Umgestaltungsvorstellungen hätten die Beklagten erst später geäußert. Die Beklagten haben nach den Darstellungen des Bundesgerichtshofes die Entscheidung für den Dachausbau erst im November 2004 auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens getroffen. Auch dies hatte der Kläger bereits in erster Instanz geltend gemacht. Das Revisionsgericht führt aus, dass das Berufungsgericht hätte berücksichtigen müssen, dass die Entscheidung für den Dachausbau erst nach der Kreditzusage gefallen sei, was dazu geführt haben könnte, dass dem klagenden Architekten unter diesem Gesichtspunkt keine ursächliche Pflichtverletzung zur Last gelegt hätte werden können.

Auch diese Entscheidung zeigt die Bedeutung einer sorgfältigen Kostenverfolgung und einer lückenlosen Information gegenüber dem Bauherrn.

BGH, Beschluss vom 7.2.2013 – VII ZR 3/12

KG, Urteil vom 22.11.2011 – 6 U 181/10

RA und Notar Michael Ch. Bschorr