Berechnung des Entschädigungsanspruchs wie Schadensersatz
Aufsätze VeröffentlichungenMit den häufig streitigen Mehrkosten aus einer Bauzeitverlängerung hatte sich das OLG Dresden zu beschäftigen. Auftraggeber und Auftragnehmer stritten in dem Berufungsverfahren 1 U 13/10 unter anderem über Mehrkosten, die der Auftragnehmer wegen der Bauzeitverlängerung geltend machte, unter anderem für zusätzliche Baucontainermiete, zusätzliche Kosten für den Projekteiter und den Bauleiter.
Der Auftragnehmer konnte trotz entsprechender Hinweise des erstinstanzlichen Gerichts die tatbestandlichen Voraussetzungen eines Vergütungsanspruches nach § 2 Abs. 5 VOB/B, also im Wesentlichen die Anordnung des Auftraggebers, nicht darlegen, so dass das OLG Dresden den Anspruch abwies. Gleiches galt für einen Anspruch aus § 6 Abs. 6 VOB/B, weil der Auftragnehmer weder eine Behinderung aus dem Verantwortungsbereich des Auftraggebers, noch ausreichende Behinderungsanzeigen darlegen konnte. Damit scheiterten diese Ansprüche bereits dem Grunde nach.
Die Entscheidung stellt weiter klar, dass sich der Auftragnehmer auch auf § 642 Abs. 1 BGB grundsätzlich hätte stützen können. Hierzu stellt das OLG Dresden fest, dass auch bei einem Anspruch aus § 642 Abs. 1 BGB der konkret entstandene Schaden nachgewiesen werden muss, wofür die allgemeinen Regeln der §§ 249 ff. BGB und die dazu entwickelte Differenzhypothese anzuwenden sind. Dazu muss der Auftragnehmer einen Vergleich zwischen der hypothetischen Vermögenssituation ohne Verzug mit der Leistung und der tatsächlichen Vermögenssituation infolge des Verzuges darlegen. Weiterhin müssen die verlangten Mehrkosten aus der Urkalkulation abgeleitet werden. Dies hatte der Auftragnehmer nicht vorgetragen.
Die Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass bei der Geltendmachung bauzeitverzögerungsbedingter Mehrkosten eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung erforderlich ist. Für jede einzelne Störung muss die Anspruchsgrundlage festgelegt und die Höhe des Anspruchs dementsprechend berechnet werden. Pauschale Darstellungen zum Bauablauf und zur Kausalität für Mehrkosten genügen nach der Rechtsprechung nicht.
Auch wenn die Entscheidung des OLG Dresden im Ergebnis zutreffend ist, weicht die rechtliche Einordnung des Anspruches aus § 642 BGB von der Auffassung des BGH ab. Letzterer sieht in dem Anspruch aus § 642 Abs. 1 BGB einen Entschädigungsanspruch, der weder Schadenersatzanspruch noch Vergütungsanspruch ist. Für die Berechnung der Anspruchshöhe hat diese rechtliche Einordnung durchaus Bedeutung. Der BGH lehnt die Berücksichtigung von Wagnis und Gewinn ab. Nach der Auffassung des OLG Dresden kann sich der Auftragnehmer hinsichtlich des Gewinnanteils auf § 252 BGB stützen.
Weitere Bedeutung hat die rechtliche Einordnung der Anspruchsgrundlage für die steuerliche Behandlung. Während der Entschädigungsanspruch aus § 642 BGB umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage ist, stellt ein Schadenersatzanspruch kein Entgelt im Sinne von § 10 Abs. 1 UStG dar und ist daher nicht steuerbar.
OLG Dresden, Urteil vom 06.01.2012, Az.: 1 U 13/10
RA Daniel Wegener