Besteht eine Bedenken- und Hinweispflicht des Auftragnehmers bei Fehlern der Planung des Architekten?

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Das OLG Koblenz hatte in einem Berufungsverfahren zu prüfen, ob der Auftragnehmer als Gesamtschuldner im Innenverhältnis anteilig haftet, wenn er hinsichtlich der Planung und sonstiger Fehler des Architekten keine Bedenken bei der Ausführung angezeigt hat.

Der Kläger war als Architekt von einem Bauträger mit der Planung und Überwachung eines Bauvorhabens beauftragt. Die Beklagte führte bei diesem Bauvorhaben die Abdichtung des Kellergeschosses aus. Nach Fertigstellung traten Feuchtigkeitsschäden auf, die wegen unzureichender Außenabdichtung des Kellers aufgrund von Planungs- und Ausführungsfehlern entstanden sind. Der Kläger begehrte von der Beklagten die Hälfte des an den Auftraggeber geleisteten Schadensersatzes, da der Beklagten Fehler bei der Bauausführung in Form der fehlenden Abdichtung im Bodenbereich, das Fehlen einer Hohlkehle und eine unzureichende Schichtdicke vorzuwerfen seien, die mitursächlich für den eingetretenen Schaden gewesen sein sollen. Die Beklagte habe erforderliche Bedenken gegen die Bauausführung zu keinem Zeitpunkt angemeldet.

Das LG Mainz hat der Klage des Architekten in Höhe von 1/3 stattgegeben. Nach Auffassung des LG haften der Architekt und die ausführende Firma wegen der festgestellten Feuchtigkeitsschäden als Gesamtschuldner. Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass eine hinreichend dicke Betonbeschichtung eine ordnungsgemäße Abdichtung gewährleistet hätte. Im Übrigen ergab sich aus den baulichen Umständen die Erforderlichkeit des Einbaus einer Drainage und einer Hohlkehle. Die Beklagte hätte insoweit Bedenken gegen die Art und Weise der Ausführung anmelden müssen.

Das OLG bestätigt die Entscheidung des LG in vollem Umfang. Es stellt fest, dass die Beklagte mögliche Bedenken gegen die vom Kläger vorgegebene Ausführung der Abdichtung nicht vorgetragen hat, obwohl die Ungeeignetheit des ausgeschriebenen Abdichtungssystems für sie erkennbar war. Beim Ortstermin war ohne weiteres zu erkennen, dass bindiges Bodenmaterial mit geringer Versickerungsfähigkeit vorlag, was Anlass gab, eine Klärung über die fachlich richtige Vorgehensweise herbeizuführen. Dies hat die Beklagte indessen unterlassen und damit gegen ihre Prüfungs- und Hinweispflichten verstoßen. Diese Prüfungs- und Hinweispflichten hatte die Beklagte nach Auffassung des OLG auch hinsichtlich der Planung des Architekten verletzt, und zwar selbst dann, wenn dieser das Bauvorhaben überwacht. Bestehen unzureichende Vorgaben des Architekten, so muss der Auftragnehmer weitergehende Hinweise von diesem einfordern.

Nach Auffassung von Wollmann & Partner Rechtsanwälte zeigt diese Entscheidung die besondere Bedeutung und Aktualität der Bedenken- und Hinweispflicht des Auftragnehmers. Die Entscheidung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, Urteil vom 11.10.1990, VII ZR 228/89, IBR 1991, 56) und konkretisiert diese weiter. Auftragnehmer müssen bei der Ausführung von Bauleistungen besondere Sorgfalt walten lassen und dürfen sich nicht ohne weiteres auf die Richtigkeit von Vorleistungen, insbesondere auch nicht solchen von Architekten verlassen. Vielmehr ist eine kritische Prüfung erforderlich und erkennbare Unzulänglichkeiten oder Fehler müssen ausnahmslos mitgeteilt und aufgeklärt werden, wenn eine (Mit-) Haftung verhindert werden soll. Wegen des hohen Haftungsrisikos rät Wollmann & Partner Rechtsanwälte deshalb, selbst bei geringfügigen oder fernliegenden Bedenken diese stets mitzuteilen und eine Aufklärung herbeizuführen, um den späteren schwerwiegenden Einwand der Verletzung der Prüfungs- und Hinweispflichten auszuschließen.

OLG Koblenz, Beschluss vom 11.06.2012, Az.: 5 U 843/11

RA Michael Zmuda