Stundenlohnvergütung bei fehlenden Stundenzetteln

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Der Abrechnung und dem Nachweis von Stundenlohnarbeiten kommt in der Baupraxis eine nicht unerhebliche Bedeutung zu, weil nicht selten zwischen Bauvertragsparteien für bestimmte Arbeiten die Vergütung im Stundenlohn vereinbart wird. Das OLG Düsseldorf hatte sich mit der Frage auseinanderzusetzen, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch des Auftragnehmers auf Vergütung im Stundenlohn gegeben ist, wenn vertraglich vereinbarte Rapporte bzw. Stundenzettel nicht vorgelegt worden sind.
In dem abgeschlossenen Vertrag über die Ausführung von Grün- und Gehölzarbeiten, in denen auch die VOB/B einbezogen war, waren für nahezu alle Arbeiten Einheitspreise vereinbart worden. Lediglich für Freischneidearbeiten ist ein Stundenlohn in Höhe von 35,00 € und für weitere Gartenarbeiten ein Stundenlohn von 33,00 € vereinbart worden. Weiterhin war in dem Bauvertrag geregelt, dass die Abrechnung „auf der Grundlage des Aufmaßes und Rapporten“ erfolgen soll. Genauere Regelungen zu Inhalt und Umfang der Rapporte gab es nicht. Nach der vorzeitigen Beendigung des Bauvertrages stellte der Auftragnehmer die Schlussrechnung. Der Auftragnehmer hatte jedoch weder vor Beendigung des Bauvertrages, noch zusammen mit der Schlussrechnung Stundenzettel vorgelegt. In der Schlussrechnung sind die Freischneidearbeiten und die weiteren Gartenarbeiten mit einer bestimmten Anzahl an Stunden und den vereinbarten Stundensatz abgerechnet.
Der Auftraggeber stellte wegen der fehlenden Stundenzettel die Prüffähigkeit der Schlussrechnung bezogen auf die Stundenlohnarbeiten in Abrede.
Das OLG entschied, wie schon das LG, dass der Vergütungsanspruch für die Stundenlohnarbeiten nur teilweise begründet ist. Diese Entscheidung wurde aber nicht auf den Umstand gestützt, dass die vertraglich vereinbarten Rapporte bzw. Stundenzettel fehlten. Das Gericht unterschied genau zwischen der Prüfbarkeit der Schlussrechnung und der Begründetheit des Stundenlohnvergütungsanspruches. Hinsichtlich der Prüfbarkeit der Abrechnung stellt das Gericht darauf ab, dass diese kein Selbstzweck ist, sondern dem Informations- und Kontrollinteresse des Auftraggebers dient. Deswegen bedeutet die unterbliebene Vorlage der Rapporte bzw. Stundenzettel allein nicht den Verlust des Vergütungsanspruches und grundsätzlich scheitert daran auch nicht die Prüfbarkeit der Rechnung. Da in dem vorliegenden Bauvertrag nicht geregelt wurde, wann die Rapporte vorzulegen sind und welche Rechtsfolge bei fehlenden Rapporten eintreten soll, bestand für den Auftragnehmer die Möglichkeit, nachträglich alle notwendigen Angaben zu machen, die in den Rapporten bzw. Stundenzetteln hätten enthalten sein müssen, um den Vergütungsanspruch zu rechtfertigen. Diese Voraussetzung war mit der Schlussrechnung erfüllt, denn der Auftragnehmer hatte zu der jeweiligen Abrechnungsposition im Stundenlohn die konkrete Tätigkeit in Verbindung mit einem der im Vertrag benannten Wohnobjekte, an denen die Grün- und Gehölzarbeiten ausgeführt werden sollten, angegeben. Zwar waren die jeweiligen Arbeitskräfte nicht namentlich benannt, ebenso wenig wie der Zeitpunkt der Ausführung. Dies war jedoch für das OLG nicht ausschlaggebend, weil sich im Abgleich mit den Angaben im Leistungsverzeichnis zu den Flächen, Wegen und Plätzen ergab, dass der Auftragnehmer den Freischneideeinsatz wie vereinbart nur einmal berechnet hat. Damit ist die Schlussrechnung nach Auffassung des OLG auch hinsichtlich der Stundenlohnarbeiten prüfbar.
Der Stundenlohnvergütungsanspruch war jedoch nur zum Teil begründet, weil der Kläger nicht den Beweis dafür erbringen konnte, dass (alle) abgerechneten Freischneideeinsätze tatsächlich durchgeführt wurden und die dafür in Ansatz gebrachten Stunden auch tatsächlich erforderlich waren. Beides war vom Auftraggeber bestritten worden.
Die Entscheidung zeigt die besondere Bedeutung der Formalien bei der Abrechnung von Stundenlohnarbeiten und den Unterschied zwischen Prüfbarkeit der Rechnung und Begründetheit des Vergütungsanspruches auf. Der Auftragnehmer verliert zwar nicht grundsätzlich seinen Stundenlohnvergütungsanspruch, wenn er Stundenzettel nicht nach den vertraglichen Vorgaben bzw. gemäß § 15 VOB/B vorlegt. Wollmann & Partner empfiehlt jedoch, auf Einhaltung dieser Formalien zu den notwendigen Angaben in den Stundenzetteln und ihre Vorlage beim Auftraggeber zu achten. Einerseits ist die Durchsetzung der Vergütungsansprüche im etwaigen Streitfall wegen der Anerkenntniswirkung gemäß § 15 Abs. 3 VOB/B deutlich erleichtert. Andererseits lassen sich die notwendigen Einzelangaben zu den Stundenlohnarbeiten für den Auftragnehmer im Nachhinein oft nicht mehr nachvollziehen, so dass der Stundenlohnvergütungsanspruch häufig aus diesen Gründen nicht durchgesetzt werden kann und schließlich „droht“ dem Auftragnehmer bei fehlender oder nicht rechtzeitiger Vorlage ordnungsgemäßer Stundenzettel ein Vorgehen des Auftraggebers nach § 15 Abs. 5 VOB/B. Danach kann der Auftraggeber eine Neuvereinbarung zur Vergütung der Stundenlohnarbeiten verlangen, wenn er wegen der fehlenden oder nicht rechtzeitigen Vorlage der Stundenzettel Zweifel am Umfang der Stundenlohnarbeiten hat. Auch bei dieser Neuvereinbarung bleibt es dabei, dass der Auftragnehmer die Richtigkeit der Angaben in seinen (nachträglich erstellten) Stundenlohnzetteln beweisen muss.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 09.08.2013, Az.: 22 U 161/12

RA Daniel Wegener